Definition
r i v i e r a ist eine Datenbank - die Datenbank meiner Obsessionen und Dämonen. Sie besteht aus einer Anzahl Hypermedia Informationseinheiten, die Bausteine eines polysemischen Textes, die der Leser/ Betrachter/ Navigator/ Spieler (*) auf seiner Netzwerk-Textreise selber zusammenstellen muss. Jede Informationseinheit ist auf einer einzigen "Seite" dargestellt. Sie kann als Fotografie/ still image, Videosequenz/Schlaufe (Quicktime), typografischen Text, gesprochene Information, musikalisch-komponierte Information oder Geräusch/ambient sound codifiziert sein. Das Abrufen der einzelnen Informationseinheiten wird der Leser / Spieler für die poetische Sinngebung einsetzen müssen. Die Wartezeit bis zur nächsten Einheit ist das künstlerische Werkmaterial von r i v i e r a.
(*) Wo Berufe, Funktionen, usw in meiner männlichen Form angegeben sind, gilt selbstverständlich auch die weibliche Form.
Struktur - Textuelle Strategie
Die Informationseinheiten sind die Elemente meiner persönlichen Hölle (oder vielleicht ist dies mein Paradies ?!). Von jeder Einheit aus kann der Benutzer in sechs verschiedene "Richtungen" weitergehen/lesen um zur nächsten Informationseinheit zu gelangen. Die sechs Richtungsoptionen sind am unteren Rand rechts auf jeder "Seite" durch sechs clicking Zonen markiert. Jede "Richtung" / clicking Zone ist durch eine verschiedene Farbe angegeben. Die Farbe ist die einzige Angabe über die nächste Information / Dämon. Du weisst also nie zum vorneherein, wo Dich Deine Reise/Lektüre führt.
Ich habe meine Dämonen entsprechend sechs verschiedene Stimmungen geordnet: fliessend, heiss, laut, kaputt, frei, ruhig. Die sechs verschiedenen Stimmungen entsprechen NICHT einem stabilen Muster der Farbverteilung ...
r i v i e r a ist nach dem Muster des surrealistischen Spiels der "Cadavres Exquis" gebaut. Jeder "Spieler" in dieser Strategie schrieb ein Teil eines Satzes auf ein Blatt Papier, das gefaltet dem nächsten Spieler übergeben wurde, der den Satz weiterführte. Es entstanden durch Zufallsbegegnungen "geschriebene" Gedichte. Die surrealistische Revolution hatte den Zufall von Anfang an als einer der wichtigsten Bewegungsfaktoren für die Emanzipation der (westlichen) Menschen von der bürgerlichen Kultur (der europäischen 20er Jahren) gesetzt. Poesie gehört zu diesen Faktoren und ist nichts anderes als ein - politisches, soziales und künstlerisches - Befreiungsinstrument. Poesie kann in der zufälligen Begegnung von zwei oder mehrere heterogene Informationen entstehen - in "der Begegnung eines Regenschirms mit einer Nähmaschine auf einem Seziertisch", wie Lautréamont 1867 in "Les Chants de Maldoror" schrieb. r i v i e r a ist aber auch wie ein mehrdimensionales Gänsespiel, in dem es gilt eine nicht-lineare (poetische/ psychoanalytische) narrative Kontinuität nach dem Modell der Tarot-Karten zu konstruieren.
In r i v i e r a wird der Leser / Benutzer in ähnliche Weise nie wissen, was die nächste, "zufällige" Begegnung sein wird. Im Gegensatz zum surrealistischen Spiel aber hat der Zufall hier ein Autor. Ich bin der "Deus ex machina" dieses surrealistischen Zufalls. Der Zufall in r i v i e r a ist nach dem Muster meiner neuronalen Informationsverarbeitung angelegt. Entscheidend in diesem Text/Spiel ist der Moment der Begegnung. Und es ist die Wartezeit auf diese Begegnung im elektronischen Netzwerk welche als den poetischen Motor des Textes fungiert. Der Leser / Spieler muss während der Internet-Wartezeit eine Operation der poetischen Sinngebung vollziehen. r i v i e r a ist die erste Netzwerkarbeit, welche den technischen Mangel der elektronischen Netzwerkkommunikation als künstlerisches Werkmaterial einsetzt.